Wird eine Batterie nach monatelanger Lagerung wieder in Betrieb genommen, treten manchmal niedrige Spannung oder scheinbar fehlende Ladefähigkeit auf. Viele Nutzer befürchten dann einen Defekt. In der Praxis handelt es sich jedoch meist nicht um einen Fehler, sondern um den bewusst herbeigeführten niedrigen Leistungszustand (Schlafmodus), den das Batteriemanagementsystem (BMS) zum Schutz während längerer Lagerzeiten aktiviert.

Um Missverständnisse über die Langzeitlagerung auszuräumen, erklärt dieser Beitrag aus ingenieurtechnischer Sicht den Mechanismus der Selbstentladung, die Auslöse-Logik des Schlafmodus, die Zellveränderungen während der Ruhephase und die korrekte Vorgehensweise zum Reaktivieren nach längerer Lagerung.

1. Was ist Selbstentladung?

Unter Selbstentladung versteht man den natürlichen Kapazitätsverlust einer Batterie ohne angeschlossene Last. Er ist systemspezifisch und wird durch interne chemische Reaktionen bzw. sehr kleine Leckströme verursacht, einschließlich:

Typische Ursachen

  • Nebenreaktionen im Elektrolyten: Auch ohne Betrieb laufen äußerst geringe Nebenreaktionen ab, z. B. minimale Elektrolyt-Zersetzung oder leichte Oxidation aktiver Materialien.
  • Materialeigenschaften der Elektroden: Positive und negative Elektrode besitzen eine geringe spontane Reaktivität; das Potenzial nähert sich über die Zeit an.
  • Mikroleckströme von Elektronen/Ionen: Membran-/Grenzflächenprozesse können in der Langzeitlagerung zu winzigen Leckströmen führen.
  • Temperaturabhängigkeit: Gemäß Arrhenius steigt die Selbstentladungsrate pro +10 °C ungefähr um den Faktor 2.

2. Merkmale der Selbstentladung

Unterschiedliche Chemien zeigen deutlich unterschiedliche Raten:

Batterietyp Monatliche Selbstentladung
Bleisäure 5 %–15 % / Monat
NCM (Lithium-Ionen) 3 %–5 % / Monat
LiFePO₄ ≤ 2 % / Monat

Die niedrige Selbstentladung von LiFePO₄ beruht auf der Chemie:

  • Stabile Kathodenstruktur: Olivin-Gitter (3D-Gerüst) ist sehr stabil, Nebenreaktionen sind gering.
  • Stabile SEI-Schicht: Die gebildete SEI ist bei LiFePO₄ besonders stabil; Selbstentladungsströme sind sehr klein.
  • Ohne reaktive Edelmetalle: Keine kobalt-/nickelinduzierten Mikroreaktionen wie bei manchen NCM-Systemen.
  • Geringe thermische Zersetzungstendenz: Auch bei höherer Temperatur ist die chemische Degradation begrenzt.

Praxiswerte bei Lithink LiFePO₄ (A+ Automotive-Grade Zellen)

  • ≈ 1 % / Monat: typischer Normalwert.
  • ≈ 2–3 % / Monat: bei Lagerung in wärmerer Umgebung.
  • > 5 % / Monat: deutet auf ungünstige Lagerbedingungen oder erhöhten BMS-Eigenverbrauch hin.

3. Eintritt in den Ruhe-/Schlafmodus

Sinkt die Zellspannung während längerer Lagerung (Selbstentladung + BMS-Eigenverbrauch) unter definierte Schwellen, schaltet das BMS in den Schlafmodus (Deep-Sleep), um die Zellen zu schützen.

Ziele des Schlafmodus

  • BMS-Leistungsaufnahme minimieren
  • Restkapazität bestmöglich bewahren
  • Zellen innerhalb eines sicher reaktivierbaren Bereichs halten
  • Schutz vor weiterer Entladung in den Tiefentladebereich

Außenwirkung im Schlafmodus

  • Kein Lastbetrieb
  • Messbar ggf. keine „normale“ Packspannung
  • Kein Bluetooth-Connect
  • Ladegerät wird nicht erkannt
  • Keine Reaktion nach außen

Wichtig: Diese Anzeichen sind kein Defekt, sondern die vorgesehene Schutzstrategie.

4. BMS-Logik: Wann wird der Schlafmodus aktiviert?

Der Spannungsabfall verläuft schrittweise; die BMS-Betriebsart ändert sich phasenweise:

Phase A: leichte Spannungsabnahme (Normalstandby)

  • Zustand: Kapazität 20–30 % (12 V-System ca. 13,0–13,2 V)
  • BMS: normale Überwachung
  • Bluetooth: aktiv

Phase B: Energiespar-Monitoring

  • Zustand: ca. 12,0–12,4 V
  • BMS: geringere Abtastrate
  • Bluetooth: ggf. eingeschränkt

Phase C: Schutzschwelle in Sicht – Entlade-MOS aus

  • Zustand: ca. 11,2–12,0 V
  • BMS: Entladepfad getrennt
  • Bluetooth: kann aussetzen
  • Außenwirkung: kein Ausgang

Phase D: tiefer Schlafmodus

  • BMS-Verbrauch: minimal
  • Status: wartet auf Weckereignis
  • Außenwirkung: vollständig ohne Reaktion

5. Korrektes Aufwecken einer ruhenden Batterie

Für die Rückkehr in den Normalbetrieb ist das richtige Vorgehen entscheidend. Zu kleiner Trickle-Strom kann die Reaktivierung verzögern oder unvollständig machen.

Schritt 1: Sichtprüfung (obligatorisch)

  • Prüfen: Oxidation an Polen, Gehäuseverformung, Feuchtigkeit/Kondensat, lose Schrauben.
  • Hinweis: Bei Auffälligkeiten zunächst nicht bestromen; erst Sicherheit klären.

Schritt 2: Aktivierung mit geeignetem LiFePO₄-Ladegerät

  • Vorgehen: Qualifizierte Ladegeräte senden einen kurzen Sondierstrom; das BMS öffnet daraufhin den Lade-MOS und wechselt in den Aktivmodus.
  • Typische Anzeichen: Ladeanzeige ändert sich, Packspannung steigt, Bluetooth kommt zurück, Batterie reagiert wieder.
  • Empfehlung: Ladestrom ≥ 5 A (zu kleine Ströme können die Wecklogik nicht sicher triggern).
  • Hinweis Lithink: Mehrere Ladegeräte unterstützen 0-V-Aktivierung; übertief entladene Packs lassen sich damit intelligent reaktivieren – ohne Zusatzwerkzeug.

Schritt 3: Einen vollständigen Ladezyklus durchführen

  • Weshalb: Teil-Ladung reicht nicht; Voll-Ladung ist zentral für die Wiederherstellung.
  • Effekte: Zellspannungen gleichen sich an, BMS kalibriert SOC neu, Algorithmen synchronisieren, kleine Ruhespannungsdrifts werden automatisch balanciert.

Schritt 4: Zellkonsistenz prüfen

  • Richtwert: ΔU < 30–50 mV pro Zelle gilt als gesund.
  • Check: Temperatursensoren plausibel, Lade-/Entlade-MOS wieder im Normalzustand.

Schritt 5: Leichtlast-Test

  • Vorgehen: Kleinen DC-Verbraucher 3–10 Min betreiben.
  • Ziel: BMS entladeseitig neu „einlernen“, Stabilität verifizieren.

Hinweis zur Praxis

Regelmäßiges Nachladen während längerer Stillstandszeiten verhindert unnötige Tiefentladung und verkürzt die Reaktivierungsphase.

6. Fazit

Aus technischer Sicht zerstört eine Lagerung über ein halbes Jahr eine gesunde LiFePO₄-Batterie nicht. In den meisten Fällen liegt ein Zusammenspiel aus Selbstentladung und dem vom BMS gewollten Schlafmodus vor. Kritisch sind dauerhaft niedrige Spannung, hohe Temperaturen, Lagerung bei Vollzustand sowie Feuchtigkeit – diese Bedingungen sollten vermieden werden. Wer die oben genannten Schritte beachtet, kann ruhende Batterien sicher reaktivieren und dauerhaft zuverlässig betreiben.

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